In Klötze gehen die Lichter aus

Jede und jeder in Klötze kennt jemand, der oder die bei Fricopan arbeitet. Noch. Die Großbäckerei macht in der Altmark nach 20 Jahren dicht. Gut 500 Jobs vernichtet, eine ganze Region ist betroffen.

Von Jörg Meyer, Klötze
Immekath ist eine 600-Seelen-Gemeinde und ein Ortsteil der gut sechs Kilometer entfernten Stadt Klötze in der Altmark; Bauernhöfe, Rotziegel, vereinzelt Fachwerk, eine Kirche, Handwerksbetriebe, der ein oder andere Neubau und am Südrand: die Fabrik. Mehlsilos, Kühlhäuser, Produktionshallen, ein Verwaltungsgebäude. Von oben besehen ist das Werksgelände so groß wie ein Viertel des Dorfes. Hier ist seit 1996 der Standort von Fricopan, einer in Garching bei München gegründeten Großbäckerei, die Tiefkühlbackwaren herstellt.

Gerda Hentschel trägt einen Button an ihrem Pullover, als wir zusammen den Imbiss in Klötze betreten, um Kaffee zu kaufen. Schlaf ist vertagt, es geht seit Tagen von Telefonat zu Telefonat, von Versammlung zu Versammlung. »Finger weg von Fricopan«, steht auf dem Button. Als die Frau hinter dem Imbisstresen das sieht, sagt sie: »Das ist wohl zu spät!« „In Klötze gehen die Lichter aus“ weiterlesen

Öffentlicher Dienst, Einkommensrunde 2016

Vertagt ohne Ergebnis

Über die Tarifrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen 2016

Der erste Verhandlungstermin hat meist einen erwartbaren Verlauf, doch das heißt nicht, dass es um nichts geht. Verhandlungsbeginn 14 Uhr. Der Zweite Vorsitzende des dbb, Willi Russ, sowie der kommunale Arbeitgeberpräsident Thomas Böhle haben ihre Statements vor der Presse abgegeben, ver.di-Chef Frank Bsirske hat vor den im Regen beim Kongresshotel Potsdam rund 250 Protestierenden gesprochen – fehlte amMontag bloß noch Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Der kam kurz vor 14 Uhr und ließ, begrüßt vom gewerkschaftlichen Pfeifkonzert, seinen Wagen nicht vor dem Haupteingang halten, sondern eine Ecke davor bei der Kundgebung. Die vor dem Hotel wartenden Fernsehjournalisten/-innen quittierten dies mit einem kollektiven „Na toll!“ und legten einen kleinen Sprint ein, um ihre Ankunftsbilder vom Minister zu schießen. „Öffentlicher Dienst, Einkommensrunde 2016“ weiterlesen

Unbeabsichtigte, absichtliche Gedichte

Es ätzt und juckt. Georg Kreisler legt einen Lyrikband vor

Von Jörg Meyer

Kreisler zitiert Max Beerbom: »Wenn man ein Schaf auf zwei Beine stellt, ist es deswegen kein Mensch. Aber wenn man eine ganze Schafherde auf zwei Beine stellt, ist es ein Publikum.« Das laute Lachen im Leipziger Centraltheater quittierte Georg Kreisler mit dem Satz: »Das ist nicht nur komisch, sondern auch richtig.« Und weiter: »Das Publikum ist grausam, fast so grausam wie ein Literaturkritiker, wobei ein Publikum, im Gegensatz zum Kritiker, intelligent ist.

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