Burger, Cola und die Frauen

Die NGG streikt und stellte ihren Fahrplan für 2017 vor

Von Jörg Meyer
In den Betrieben der Systemgastronomie läuft derzeit eine harte Tarifauseinandersetzung. Zuletzt hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten am Mittwoch die Beschäftigten der McDonald’s-Filiale am Checkpoint Charlie in Berlin zum Warnstreik vor die Türen der Burgerbude gerufen. In der seit Oktober 2016 laufenden Tarifrunde für die rund 100 000 Beschäftigten der Ketten McDonald’s, Burger King, Nordsee, Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut, Autogrill und Starbucks waren drei Gesprächsrunden ergebnislos verlaufen. Das Angebot des Bundesverbandes der Systemgastronomie (BdS) nennt die NGG »läppisch«. Die Kritik der Gewerkschaft: Die Beschäftigten in der untersten Lohngruppe würden nach einer Entgelterhöhung gerade einmal drei Cent über dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro liegen.

Prominente Unterstützung bekamen die Streikenden von der Vizevorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die sich am ehemaligen Grenzübergang zwischen US- und sowjetischen Sektor mit einem Schild »Achtung! Sie betreten jetzt den Mindestlohnsektor« zu den Streikenden gesellte.

Auf die Frage, ob die Warnstreiks mit unter 1000 Teilnehmenden seit Jahresanfang angesichts der Beschäftigtenzahl von rund 100 000 nicht bescheiden ausfielen, hatte die NGG-Vorsitzende Michaela Rosenberger am Dienstag vor JournalistInnen in Berlin gesagt: »Jede Streikteilnahme erfordert Mut und Verzweiflung bei den Beschäftigten.« Es gehe in der Systemgastronomie nicht um große Betriebe, sondern um »kleine Einheiten« mit zehn bis 20 Beschäftigten. Da sei jede und jeder, der oder die seinen Arbeitsplatz verlasse, um am Warnstreik teilzunehmen, sofort sichtbar und potenziell im Fokus. Bis Ende März plant die NGG noch zwei Aktionswochen mit weiteren Arbeitsniederlegungen und Aktionen, um den Druck auf den BdS in der Tarifrunde zu erhöhen.

Die NGG stellte am Dienstag ihre wichtigsten Themen für das laufende Jahr vor. Neben der Auseinandersetzung in der Systemgastronomie haben unlängst auch Beschäftigte bei Coca Cola European Partners in Berlin und Brandenburg im Rahmen der laufenden Tarifrunde ihre Arbeit niedergelegt. Das Motto der Protestaktionen Anfang der Monats: »160 Euro mehr sind fair«. Die NGG kündigte eine Ausweitung der Warnstreiks an, sollte das Unternehmen sich nicht bewegen. Große Probleme bereitet. In der Getränkeindustrie sei überdies das Ausgliedern von Firmenteilen, um bestehende Tarifverträge zu unterlaufen gängige Praxis. »In den meisten Brauereien ist es mittlerweile normal, dass die Flaschensortierer Leiharbeiter oder Werkvertragsnehmer sind«, sagte die Vorsitzende.

Michaela Rosenberger kommentierte am Vorabend des Internationalen Frauentages zudem aktuell Gesetzesvorhaben aus Sicht der NGG. Allen voran ist das von Familien- und Frauenministerin Manuela Schwesig aus Sicht der NGG zwar ein wichtiger erster Schritt, aber gehe nicht weit genug. Erst in Betrieben mit eine Größe ab 200 Beschäftigte können diese erfragen, wie viel sie im Vergleich zu den KollegInnen verdienen. Das treffe auf die meist kleineren Betriebe in den NGG-Branchen nicht zu so Rosenberger. Das Gesetz zielt besonders darauf ab, den Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu beseitigen. Die beträgt aktuell noch immer 20 Prozent »Ich hoffe«, so Rosenberger, »dass die junge Frauengeneration tough genug ist, das weiter durchzusetzen.«

neues deutschland 10.03.2017, Seite 16
Quelle: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1044294.burger-cola-und-die-frauen.html