Ein Jahr Job-Turbo – Was hat es gebracht?

Von Jörg Meyer

Ein Jahr ist der sogenannte Job-Turbo, ein Maßnahmenpaket der Bundesregierung, um Geflüchtete in Arbeit zu bringen, nun in Kraft. Hat es funktioniert? Die Beschäftigungsquote bei Ukrainer:innen steigt, aber langsam. Die Gründe dafür haben nicht nur mit dem Job-Turbo zu tun. Eine Bestandaufnahme.

Der Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat die größte Fluchtbewegung in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs ausgelöst. Nach Zahlen des UN-Flüchtlingskommisariats UNHCR waren Anfang September dieses Jahres insgesamt rund zehn Millionen Ukrainer:innen auf der Flucht, rund 3,67 Millionen innerhalb der Ukraine, über 6,751 Millionen in anderen Ländern. Knapp 6,2 Millionen haben in europäischen Staaten Schutz gefunden. Deutschland ist laut den Zahlen des UNHCR der EU-Mitgliedsstaat, in dem die meisten ukrainischen Geflüchteten leben; aktuell sind es rund 1,1 Millionen.2

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Deckel drauf, was kostet das?

 Von Jörg Meyer

„Die Eigenanteile für die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung sind erneut deutlich gestiegen.“ Dieser Satz war in den letzen Jahren regelmäßig dann zu lesen, wenn ein Forschungsinstitut oder Kassenverband die neuen Zahlen vorstellte. So auch in diesem Sommer. 

Anfang Juli 2024 stellte der Verband der Ersatzkassen (vdek) seine aktuellen Berechnungen vor (s. S. 9). Danach zahlen Pflegebedürftige in der Bundesrepublik durchschnittlich für das erste Jahr im Heim 2871 Euro aus eigener Tasche dazu, 211 Euro mehr als 2023. Im zweiten Jahr liegt der Eigenanteil bei 2620 Euro, 233 Euro mehr als im Vorjahr. 

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Gedenken und demonstrieren 

 Von Jörg Meyer

Die AOK meldete Ende April, dass der Krankenstand in der Pflege in den vergangenen elf Jahren um mehr als 44 Prozent gestiegen sei. Noch nie waren Beschäftigte in der Pflegebranche so oft krankgeschrieben wie im Jahr 2022. Laut der aktuellen Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten des AOK-Bundesverbandes haben sich drei von vier Arbeitnehmer:innen 2022 mindestens einmal krankgemeldet. Sie fielen an 8,8 Prozent aller Arbeitstage aus. Im Jahr 2021 lag diese Zahl bei 7,2 Prozent, im Jahr 2010 bei 6,1 Prozent. Der Anstieg in den vergangenen elf Jahren liegt damit bei 44,2 Prozent, heißt es in einer Mitteilung der AOK vom 26. April. Gründe für den extremen Anstieg sieht die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes in den gestiegenen Anforderungen an die Pflege. Dazu kämen die Belastungen durch den andauernden Personalmangel. Beides zusammen geht auf die Gesundheit der Beschäftigten. 

Nach und nach werden die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie sichtbar. Der Rekord bei den Krankenständen in der Pflegebranche ist nur ein Teil davon, und zeigt, dass in einem System, das ohnehin an vielen Stellen auf Kante genäht ist, weitere Belastungen an den Rand des Zusammenbruchs führen können. In der letzten Ausgabe hatten wir beispielsweise über eine aktuelle Studie zum gestiegenen Burnout-Risiko im Bereich der Sozialen Arbeit berichtet. Auch die sogenannte Pflegekrise ist ein wiederkehrendes Thema seit Jahren1 Dazu gehören die Gesundheitsrisiken durch die permanente physische und psychische Belastung im Pflegeberuf. 

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„Das System wurde kaputtgespart. Ganz einfach“

Der Kinder- und Jugendmedizin geht es nicht gut. Alle Tage wieder schlagen seit Jahresbeginn niedergelassene Ärzt:innen in verschiedenen Bundesländern Alarm. Ende vergangenen Jahres warnte die intensivmedizinische Vereinigung (DIVI) davor, dass die Kinderkliniken das Ende ihrer Kapazitäten schon überschritten hätten, und bundesweit herrscht Medikamentenmangel. Mit dem Kinder- und Jugendmedizinier Lothar Müller sprach SoSi-Redakteur Jörg Meyer.

Als niedergelassener Facharzt, der auch lange in Kinderkliniken gearbeitet hat, haben Sie einen breiten Einblick in die aktuelle Situation. Wie schlimm ist es aus Ihrer Sicht als niedergelassener Kinderarzt?

Es ist eine schwierige Gemengelage. Einerseits haben wir das nach wir vor hohe Aufkommen an Atemwegserkrankungen, das unter anderem dadurch verursacht ist, dass sich durch die Maskensituation in den letzten Jahren einiges aufgestaut hatte. Anderseits ist der Pflegepersonalmangel an Kinderkliniken ein wirklich großes Problem – von dem wir in Kinderarztpraxen mittelbar auch betroffen sind. In der Summe sehen wir einen wahnsinnig großen Andrang von Menschen, die Hilfe in Kinderarztpraxen suchen, was vor dem Hintergrund der Mangelsituation immer wieder zu kurzzeitigen Überlastungen der Praxen führt. Wir merken es besonders, wenn wir versuchen, schwerer erkrankte Kinder ins Krankenhaus zu bekommen. 

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Krankschreibungen im dritten Pandemiejahr gestiegen – psychische Erkrankungen auf Höchststand 

Von Jörg Meyer

Die Folgen der Corona-Pandemie schlagen sich in den Statistiken nieder. Mehrere Krankenkassen zeigen in ihren aktuellen Auswertungen der Zahlen zum Krankenstand teils drastische Anstiege im zweiten Halbjahr 2022. Während in dem Jahr Muskel-Skelett-Erkrankungen nach wie vor Platz eins in der Rangliste belegen, ist auch ein erneuter Höchstwert bei den psychischen Erkrankungen zu verzeichnen.

Mehrere Krankenkassen meldeten unlängst neue Höchststände bei den Fehltagen ihrer Versicherten. So war in einer Pressemitteilung der DAK Gesundheit vom „höchsten Krankenstand seit einem Vierteljahrhundert“ die Rede. In einer Auswertung der Fehltage ihrer rund 2,4 Millionen Versicherten kam die DAK für das Jahr 2022 auf einen Krankenstand von 5,5 Prozent. Im Durchschnitt fehlten die Beschäftigten 20 Tage krankheitsbedingt auf Arbeit – rund 5,5 Tage mehr als 2021. Verantwortlich seien demnach die Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Bronchitis, deren Zahl um 172 Prozent angestiegen sei. 

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Unerwartete Transformation

Von Jörg Meyer

„Transformation“ meint einen Umbau der Gesellschaft in nahezu allen Lebensbereichen, von unserer Umwelt über die Privathaushalte bis zu den Arbeitsplätzen der Menschen. Die Rede ist in dem Zusammenhang von mehreren gleichzeitig ablaufenden, ineinander verwobenen Entwicklungen: Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und als neuere Entwicklung die De-Globalisierung. Wie effektiv politische Maßnahmen erscheinen, hängt auch von deren Vermittlung ab und wer dafür bezahlt, ist umstritten.

Politik mit glaubhaften Maßnahmen

Forscher:innen der Harvard University haben Mitte Juli die Ergebnisse einer internationalen Studie 1Dechezleprêtre, Antoine; Fabre, Adrien; Kruse, Tobias; Planterose, Bluebery; Sanchez Chico, Ana; Stantcheva, Stefanie: Fighting Climate Change: International Attitudes Toward Climate Policies. Harvard 2022, online unter https://scholar.harvard.edu/files/stantcheva/files/international_attitudes_climate_change.pdf (abgerufen am 29. 7. 2022). veröffentlicht. Über 40.000 Menschen in 20 Ländern,2Vgl. ebd., S. 3. Zu den untersuchten Ländern zählen neben den wirtschaftlich stärksten Mitgliedsstaaten der EU Kanada, die USA, Mexiko, Indien, China, Südafrika und Brasilien. die für insgesamt 72 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, wurden nach ihren Einstellungen zum Klimawandel und zu klimapolitischen Maßnahmen befragt. Die Ergebnisse sind interessant: Länderübergreifend hängt die Zustimmung zu von einer Regierung ergriffenen klimapolitischen Maßnahmen davon ab, in wie weit diese Maßnahmen glaubhaft vermittelt werden. 

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Eine Struktur für gutes Ankommen

Nach der Krise am Landesamt für Gesundheit und Soziales in den Jahren 2015 und 2016 wurde in Berlin das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten gegründet. Die hier Beschäftigten arbeiten mit hoher Motivation für die gute Unterbringung der neu Ankommenden.

Text: Jörg Meyer
Fotos: Jan Brenner

Der Weg führt durch eine Sicherheitsschleuse in den Neubau. Wir gehen an diesem 10. Februar vorbei am Sicherheitsdienst durch das Gebäude, verlassen es auf der Rückseite und stehen in einem offenen Innenhof, der von einem alten Baumbestand umgeben ist. Vögel zwitschern. Rechtwinklig zum neu gebauten Verwaltungsgebäude stehen drei dreigeschossige MUF – Modulare Unterkünfte, wie sie in den letzten Jahren in der ganzen Stadt entstanden sind. An unserer kleinen Gruppe gehen immer wieder Menschen vorbei, gehen in eine der Türen oder warten davor. Einige sitzen auf einer der Bänke, an jeder Tür stehen Beschäftigte des Sicherheitsunternehmens.

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Mehr Ausbildungsplätze als vor Corona

Berliner Ausbildungsmesse will Jugendliche und Jobs zusammenbringen

Von Jörg Meyer

»Wir haben Angebote in der Tasche, und darüber denken wir zu Hause in Ruhe nach«, sagen der junge Mann und die junge Frau. Sie kommen gerade von der diesjährigen Ausbildungsmesse der Jugendberufsagentur in Berlin-Moabit. Einzelhandelskaufmann und Industriekauffrau: »Danach haben wir gesucht«, sagen sie zu den favorisierten Ausbildungsplätzen. »Aber einen davon nehmt ihr, ja?«, fragt die blonde Frau, die die beiden auf dem Gang ins Gespräch verwickelt hat. »Ja, machen wir, und wer sind Sie?« Die Frau antwortet: »Ich bin Franziska Giffey, die Regierende Bürgermeisterin von Berlin.« – »Echt?« – »Ja, echt.«

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Der Fortschritt ist ein Zelt

Zugige Passage im Hauptbahnhof hat als Ankunftsort für Ukraine-Flüchtlinge ausgedient

Von Jörg Meyer

»Eigentlich kümmere ich mich um zwölf Hektar Wald in der schönen Uckermark«, erzählt Jens-Martin Krieg von der Berliner Stadtmission. Normalerweise leitet er dort ein Familienferiendorf mit 246 Betten. Doch normal ist derzeit wenig. Krieg ist seit Samstag zuständig für den Aufbau eines großen Zelts auf dem Vorplatz des Berliner Hauptbahnhofs, der »Welcome Hall Berlin«. Am späten Dienstagnachmittag hatte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zusammen mit Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) die Willkommenshalle einem Pulk von Journalist*innen vorgestellt. Mit der Halle soll die Situation im Bahnhof und in der zugigen Bahnhofshalle entspannt werden.

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Neue Orte gegen die Einsamkeit

Durch die Pandemie fühlen sich doppelt so viele Menschen einsam, 36 Berliner Projekte wollen diese Situation verbessern

Von Jörg Meyer

Von einem Tag auf den anderen mussten wir alles dicht machen«, sagt Alexandra Schibath zu »nd«. Sie leitet den Bereich Stadtteil- und Kulturarbeit und Träger beim Nachbarschaftsheim Schöneberg und berichtet von dem Schock im März 2020, alles der erste Lockdown der Coronapandemie Berlin quasi von einem Tag auf den anderen erstarren ließ. »Wir haben Schilder am Haus angebracht, und dann hatten die Kolleg*innen den unfassbaren organisatorischen Aufwand, die 70 bis 80 Selbsthilfegruppen und die vielen Freizeitgruppen zu informieren.«

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