Jörg Meyer über die bittere Limo für Beschäftigte bei Coca Cola und eine Aktionswoche
Bei Coca Cola ging an diesem Donnerstag kaum noch etwas. Im Westen der Republik, in Köln, Dorsten, Bielefeld, Gladbek, Münster, Hamm, … legte die Frühschicht die Arbeit nieder. Die von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) angekündigte Warnstreikwelle hatte zu Beginn der Woche in Bayern und Baden-Württemberg begonnen. Coca Cola European Partners (CCEP) und die NGG liegen in der laufenden Tarifrunde im Clinch.
Ende Januar hatte die Gewerkschaft nach kurzer Zeit bereits in der ersten Verhandlungsrunde das Gespräch abgebrochen und jüngst 8000 Beschäftigte in allen 37 Coca Cola-Standorten zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Erste Warnstreiks in der laufenden Entgelttarifrunde fanden Anfang März statt.
Während die Gewerkschaft pauschal 160 Euro mehr für die Beschäftigten und 100 Euro mehr für die Auszubildenden fordert, hat der Getränkehersteller nach Gewerkschaftsangaben nur ein Angebot von 1,3 Prozent unterbreitet – für die NGG ein »Magerangebot«. Zurecht. Verzicht und die Angst um den Arbeitsplatz treibt auch die Beschäftigten beim Weltkonzern um. Standorte werden international in Konkurrenz gesetzt, Produktionskapazitäten verlagert oder dieses zumindest angedroht, Stellen werden abgebaut. In Deutschland waren es von 2008 bis Ende 2016 nach NGG-Angaben rund 4000 Stellen. Die Produktivität steigt dagegen. Es ist nicht schwer auszurechnen, dass demnach die Arbeit, die mehr wird, auf immer weniger Schultern verteilt ist.
Die auf den ersten Blick vielleicht hoch anmutende Forderung von pauschal 160 Euro begründet die NGG damit, dass besonders für die unteren Einkommensgruppen etwas herausspringen soll – und das ist bei einem Sockelbetrag eher der Fall als bei einer prozentualen Forderung. Überdies verdienen die Beschäftigten bei Coca Cola regional sehr unterschiedlich, was mit der Forderung nach einem Festbetrag ein wenig angeglichen werden soll. Macht ja auch Sinn: 160 Euro für jemand der oder die 1000 Euro monatlich verdient, sind in Prozenten ausgedrückt deutlich mehr als für die Kollegin, die 1700 Euro verdient.
Ein anderes Ungleichgewicht – nämlich das sattsam bekannte zwischen Kapital und Arbeit – drängt sich beim Blick auf die Börsendaten des Konzerns in den Fokus: Während der Jahresüberschuss nach einem Hoch 2010 in der Tendenz kontinuierlich sank, konnten sich die Aktionäre im Vorjahr über die höchste Dividende seit zehn Jahren freuen, denn die Ausschüttung steigt in fast höherem Maße als die Gewinne sinken. Fazit: AktionärInnen freuen sich über sprudelnde Dividenden, das Unternehmen senkt die Personalkosten, um die Margen zu erreichen, und die Beschäftigten gucken in die Röhre – beziehungsweise in die Flasche. Süß ist das nicht.
neues-deutschland.de / 07.04.2017 / Seite 16
Quelle: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1047395.brausenkoeche-zu-recht-sauer.html