Am Samstag schließt das »wombat’s« in Berlin-Mitte – die Beschäftigen wollen dagegen demonstrieren
Von Jörg Meyer
Nun senkt sich der Vorhang. Nach viereinhalb Jahren Kampf des Betriebsrats und der Gewerkschaft gegen hartleibige Eigentümer schließt das wombat’s City Hostel in Mitte am 31. August seine Türen. Endgültig, möchte man sagen, doch vermutlich nur so lange, bis an gleicher Stelle ein neues Hostel von den gleichen Betreibern wieder eröffnet wird.
Eine knappe Woche vor der Schließung ist Normalbetrieb, doch ein bisschen anders als sonst scheint es zu sein. Einige Kolleg*innen seien im Resturlaub, der ja noch genommen werden muss. Ihre Stellen werden nicht vertretungsweise besetzt, erzählt Ruth Kreuzer. Sie war drei Jahre Betriebsratsvorsitzende und zuletzt stellvertretende Vorsitzende. Den Kampf hat sie von Anfang an mitgemacht, war selber Ziel von Attacken der Unternehmer. »Es sind weniger Leute pro Schicht, das ist zu merken. Die Deko ist stellenweise schon abgehängt. Zwar läuft der Betrieb offiziell noch normal weiter bis Samstag, aber es ist schon ein bisschen Endzeitstimmung.«
Die Berliner Beschäftigten der wombat’s-Kette mit Häusern in Budapest, London, München, Venedig sowie dem Stammsitz in Wien waren die ersten, die in der Kette die Betriebsratswahl durchsetzen konnten, gewerkschaftliche Strukturen etablieren und einen Tarifvertrag erkämpfen konnten; den ersten in einem Hostel in Deutschland überhaupt.
Fast alles geschah nur gegen den Widerstand der Geschäftsführung, und es gab nicht nur Erfolge. Dass die Geschäftsführung die Reinigungskräfte im Mai in eine eigene Firma steckte, konnte der Betriebsrat nicht verhindern. 15 von 50 Beschäftigten wurden ausgegliedert.
Ende März verkündete die Geschäftsführung dann die Schließung des Berliner Hostels. Die Vermutung ist, dass nach einer gewissen Zeit das gleiche Haus an gleicher Stelle wieder eröffnet werden könnte – bloß eben ohne Vertretung und ohne Tarifvertrag – und vermutlich unter Protest durch die Berliner Politik und Gewerkschaften: Die wombat’s-Beschäftigten haben in den letzten Jahren viel Solidarität von außen erfahren.
Auch die im Frühjahr ausgegliederten Reinigungskräfte bekamen die Kündigung zum 31. August. Die neue Firma habe sich am Markt nicht behaupten können, habe die offizielle Begründung gelautet. Doch für den Betriebsrat ist das ein Beweis, dass die neue GmbH nur eine Scheinfirma war. Für die Beschäftigten ist das doppelt bitter. Sie verlieren ihre Jobs und bekommen keinen Cent Abfindung, weil sie nicht mehr Teil der wombat’s waren.
So bitter die Geschichte ist: Viele ihrer Noch-Kolleg*innen hätten schon neue Arbeit. „Es ist nicht schwer, in unserer Branche einen neuen Job zu finden“, sagt Ruth Kreuzer.
Und was kann die zuständige Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) jetzt noch tun? »Die Arbeit für unsere Mitglieder im wombat’s ist mit der Schließung nicht vorbei«, sagt der Berliner NGG-Chef Sebastian Riesner. Zu den Aufgaben der NGG gehört unter anderem, bei fehlerhaften Lohnabrechnungen oder nicht bezahlten Überstunden, Geltendmachungen für die Beschäftigten zu schreiben, also das Geld für sie vom Arbeitgeber einzufordern. Dazu kommt der Rechtsschutz bei eventuell folgenden Gerichtsverfahren; etwa falls noch Löhne ausstehen oder die Abfindungen nicht gezahlt werden.
Der Betriebsrat habe einen sehr guten Sozialplan erreicht, sagt Riesner. »Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es eine ganz schön traurige und dumme Sache ist, dass die Eigentümer einfach den Laden dichtmachen können und wir kein rechtliches Mittel dagegen haben.«
Um erneut gegen die Schließung und genau gegen diese juristische Hilflosigkeit zu demonstrieren, rufen die Beschäftigten des wombat’s zur Demo vom Charitéplatz zum Hostel in Mitte auf. Beteiligt sind daran unter anderem auch die Beschäftigten der Charité Facility Management, die seit über einem Jahrzehnt für ihre Wiedereingliederung ins Uniklinikum kämpfen Um 16.30 Uhr startet die Auftaktkundgebung. »Wir demonstrieren gegen Outsourcing, Befristungen und Betriebsschließungen. Das sind drei legale Mittel zum Union Busting. Das muss sich ändern«, sagt Ruth Kreuzer. Und nach dem 1. September, wenn das Hostel dicht ist? »Dann mache ich Urlaub und erhole mich von viereinhalb Jahren Kampf und Auseinandersetzung. Danach geht es weiter.«
Eine schriftliche Anfrage von »nd« an die Geschäftsführung zur Zukunft des Hostels blieb bis zum Redaktionsschluß unbeantwortet.
Zuerst veröffentlicht bei “neues deutschland” am 26. August 2019