Susanne Dzeiks Film »Cloud Making Machine« erzählt die Geschichten dreier Geflüchteter
Von Jörg Meyer
Sie tanzen, sie lachen, sie weinen. Es ist Probezeit für den »Refugees Club Impulse«, ein selbst organisiertes Künstlerkollektiv von Geflüchteten und für Geflüchtete. Sie proben für ein Stück, in dem sie ihre Flucht und die Situation in Deutschland verarbeiten und darstellen.
»Cloud Making Machine« (Wolkenmaschine), der neue Dokumentarfilm der Berliner Regisseurin und Kamerafrau Susanne Dzeik, zeichnet chronologisch die Entstehung der Aufführung nach – vom Beginn in der mittlerweile geschlossenen Berliner Asyl-Erstaufnahmestelle Motardstraße bis zur Aufführung in der Berliner Schaubühne. Damit verwoben sind die Geschichten von Batoul, Jallow und Firas, die Dzeik von 2013 bis 2015 mit der Kamera begleitet hat. Es sind Geschichten, in denen der Zuschauer Szenen auf Ämtern, Treffen mit AnwältInnen oder den Alltag im Heim erlebt. Kernstück des Filmes sind Aufnahmen vor schwarzem Hintergrund, in denen die drei jungen Erwachsenen Briefe an ihre Familien vorlesen, von ihren Träumen, ihrer Wut, ihren Ängsten berichten.
So erzählt Batoul, wie sie nach ihrer Flucht vor dem syrischen Bürgerkrieg nach Jahren wieder Hoffnung schöpfen kann – »aber etwas fehlt, etwas fehlt die ganze Zeit«, schreibt sie an ihre Familie. »Dieser Ort«, die Motardstraße, »ist erstarrt, tot, keine Seele.«
Jallow floh aus Guinea, verbrachte die ersten Monate in Deutschland in einer Unterkunft im sachsen-anhaltinischen Zeitz. »Du hast hier nichts zu tun, außer essen und schlafen, essen und schlafen. Dann habe ich zu mir gesagt: Nein, das ist nicht die Lösung, mein Freund, ich will mich nicht umbringen.«
Firas, der aus Irak stammt, liest einen Brief an seine dort ermordeten Eltern. Bei ihm spürt man am deutlichsten die Wut. Wut auf die »arabischen Präsidenten«, auf den Krieg, auf den »Islamischen Staat«. Zehn Tage ist er übers Meer gefahren, hat auf dem überfüllten Boot erlebt, wie Menschen verhungert, gestorben sind.
Batoul erzählt, sie habe Freunde gefunden und auch wieder verloren. »Sie haben mich bemitleidet, und das will ich nicht. Ich will mich nicht ständig daran erinnern, dass ich aus Krieg und Folter geflohen bin«, schreibt sie an ihre Familie.
Susanne Dzeik ist mit »Cloud Making Machine« ein eindrucksvoller und einfühlsamer Film gelungen. Auch wenn vor der Kamera Tränen fließen, wenn Emotionen und Ängste sichtbar werden, hat man nicht das Gefühl, Voyeur zu sein. Stattdessen lernt man die ProtagonistInnen kennen, erfährt etwas über ihr Leben und darüber, wie schwer es ist, das eigene Land zu verlassen und im neuen Land anzukommen. Der Film nimmt mit, berührt emotional, macht wütend, macht Hoffnung, weil er drei junge Menschen beschreibt, die Unvorstellbares erleben mussten und daran nicht zerbrechen.
»Cloud Making Machine« feierte auf dem NEZ International Film Festival 2017 in Kalkutta Weltpremiere und lief dort im Wettbewerb. Nun kommt er nach Berlin.
Berlin-Premiere an diesem Freitag, 20 Uhr, im »Ding Ding Dom«, Holzmarktstraße 25, Friedrichshain