Kuriere an der Corona-Front

Die Corona-Pandemie wirkt sich auf die Arbeit der Kurierdienste in der Hauptstadt unterschiedlich aus. »Das Bestell- und Lieferaufkommen ist auf einem gleichbleibend hohen Niveau«, sagte »Lieferando«-Sprecher Andreas Engel dem »nd«. Bei »Fahrwerk« ist das anders. Die typischen Aufträge etwa im Catering, der Transport von Printmedien oder zwischen Zahnlaboren und Zahnarztpraxen sei stark rückläufig, teilte der Kollektivbetrieb aus Friedrichshain auf nd-Anfrage mit. Dafür hätten

Lebensmittellieferungen oder Aufträge im Gesundheitswesen leicht zugenommen. Das Kollektiv rechnet insgesamt mit starken Umsatzrückgängen, was die Beschäftigten bei den geringen Einkommen hart treffe. Beim Kurierdienst »messenger« ist nach eigenen Angaben bisher kein verändertes Aufkommen festzustellen.

Was alle eint: Auf den Homepages ist von weitreichenden Hygienemaßnahmen zu lesen, um Personal und Kund*innen vor Ansteckung zu schützen. »Lieferando«-Rider stellen das Essen nur noch vor die Tür. »Fahrwerk« und »messenger« wollen den direkten Kontakt zu Kund*innen minimieren, Fahrer*innen werden Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt. Die Lieferdienste zählen zur kritischen Infrastruktur.

Der »Lieferando«-Betriebsrat erhob unterdessen laut einem Bericht auf »businessinsider.de« schwere Vorwürfe: Aus internen Chatprotokollen gehe hervor, dass »Lieferando« seine Fahrer*innen zur Schutzausrüstung »vertröstet oder abwimmelt«. Vorhandenes Desinfektionsmittel sei nur antibakteriell und damit ungeeignet, um vor einer möglichen Infektion mit dem grassierenden Virus zu schützen. Die Hygienemaßnahmen seien schon vor Corona die »absolute Katastrophe« gewesen, wird ein Betriebsratsmitglied zitiert. Teilweise müssten die Fahrer*innen »die Rucksäcke und durchgeschwitzten Regenjacken untereinander teilen«. jme

Zuerst erschienen in “neues deutschland” am 21. März 2020